Günter Posch > Fotoapparate > Penti > Fotoapparate > Startseite
> Fotos mit der Penti
PENTI

Eine leibhaftige Penti hatte ich bisher nie gesehen, immer nur Abbildungen. Als ich beim Stochern in Ebay Penti-Kameras sah, die gerade mal einen Euro kosteten, wollte ich es wissen. Ich wollte wissen, wie es sich anfühlt, eine solche Penti tatsächlich in der Hand zu halten.

Dass man bei einem Penti-Kauf das meiste Geld für den Versand ausgibt, muss man mit einrechnen: Heutiger Marktwert der Penti mal vier, aber was soll 's?! Man muss auch damit rechnen, dass eine Kamera, die 50 oder 60 Jahre alt ist, allerlei Altersschwächen hat, z. B. einen defekten Verschluss. So kann es einem blühen, dass man eine Kamerawerkstatt beschäftigen muss, ehe man die Kamera zum Bildermachen benutzen kann.

Ich habe also eine goldeloxierte Penti mit schwarzem Rahmen erworben. Das schöne Stück steckte in einer grauen Ledertasche (innen roter Filz) und, welch ein Wunder, es gab noch den Schutzdeckel für das Objektiv. In der Kamera war eine leere SL-Kassette. "SL-Kassette" kommt von "Schnell-Lade-Kassette" und diese SL-Kassetten aus Kunststoff waren das DDR-Gegenstück zu den Agfa-Rapid-Kassetten aus Metall. Um es vorwegzunehmen: Die Rapid-Kassetten sind in der Penti verwendbar. Und umgekehrt: Die SL-Kassetten sind in den Kameras für Rapid-Film verwendbar, allerdings fehlt dann die Steuerung für die Filmempfindlichkeit. Vielleicht ist eine Agfa Optima 500V, geladen mit einer SL-Kassette, auf 50 ASA eingestellt? Ich weiß es nicht.

Nun also die goldeloxierte Kamera aus hartem Aluminium in der Hand. Durchaus angenehm. Für mich eine schöne Kamera. Ich habe sie meinen Töchtern gezeigt. „Igitt, igitt, typisch DDR!“ – Ist das wahr? Bin ich ein vorgestriger Typ, dass ich die Penti schön finde? Bin ich, aber ich kann nicht aus meiner Haut und ich möchte auch nicht aus meiner Haut. Die Penti ist nicht „typisch DDR“, sondern sie ist typisch für die Fünfzigerjahre. Der Entwurf von Horst Giese und Jürgen Peters für die erste, runde Penti, auch „Penti 0“ genannt, stammt aus dem Jahr 1957.

Ich war einmal in Wittenberg im Haus der Geschichte, in dem der DDR-Alltag vorgeführt wird. Mich hat verblüfft wie die DDR-Wohnzimmer und Gegenstände denen in Westdeutschland aus dieser Zeit ähneln. Eine Penti hätte genau so gut in ein westliches Wohnzimmer gepasst, und es wurde ja auch jede Menge Pentis in den Westen verkauft. – Wer über DDR-Design mehr wissen will, kann in die Bücher von Günter Höhne schauen: „Penti, Erika und Bebo-sher“, Berlin 2001; oder „DDR-Design“, 2006. Statt „Design“ wurde übrigens in der DDR „Formgebung“ gesagt und das ist kein schlechtes Wort. Eklig ist für mich nicht die DDR-Formgebung, sondern eklig sind für mich die SED-Funktionäre, die so manches, was an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee entwickelt wurde, im Stil religiöser Eiferer als „formalistisch“ oder „westlich-dekadent“ abgewürgt haben. Die Parallelen zu den Nazis sind nicht zu übersehen, auch wenn das Wort „antifaschstisch“ in der DDR allgegenwärtig war.

Ulrich Struve, Akademie für Kunst und Design Mitteldeutschland, schreibt auf der Internet-Seite dieser Akademie: „Ostdeutsches Design hat nicht nur Platz in einem Deutschen Museum sondern sogar einen globalen Rang. Schauen wir uns die Penti an. Bei unseren Ostseeurlauben nicht wegzudenken. Fast schon ein Vorbild für die Form von Digitalkameras. Technisch und in der Handhabung genügte sie hohen Qualitätsansprüchen. Mit automatisierter Blende, mechanischem Filmvorlauf, integriertem Blitz und Metallgehäuse war die Penti 2 ihrer Zeit voraus und war ein Exportschlager. Auch die viel belächelte Pouva Start aus Dresden könnte das Vorbild von heutigen Kinderkameras gewesen sein.“

Wenn ich eine Kamera in der Hand halte und wenn sie so golden glänzt, möchte ich mit ihr auch fotografieren. Und das ist nicht ganz einfach, weil es die Filme in SL-Kassetten oder Agfa-Rapid-Kassetten schon lange nicht mehr gibt. Bei Ebay tauchen immer wieder abgelaufene ORWO-Filme in SL-Kassetten auf. Die Filme taugen nichts mehr (allenfalls noch ein 15-DIN-Film), aber man kann sich auf diese Weise SL-Kassetten besorgen. Oder man hält Ausschau nach einer Ein-Euro-Agfa-Rapid-Kamera, die in ihrem Inneren noch eine (oder zwei) Rapid-Kassetten beherbergt. Oder es finden sich in den Kramkisten des Fotohändlers die gesuchten Kassetten.

Ich habe mir also noch ein paar Kassetten besorgt und kann nun ganz entspannt mit der Penti fotografieren. Man sollte wissen, dass diese Kassetten keinen Spulenkern haben, an dem der Film mit einem Klebestreifen festgemacht wird. Ich schneide also in der Dunkelkammer von einer 17- Meter-Rolle 135er-Film einen 60 cm langen Streifen ab und schiebe ihn in eine Kassette bis der Film noch etwa 7 cm herausschaut. 2 cm davon werden in die zweite, leere Kassette gesteckt. Der Film wird beim Fotografieren nach und nach in die Aufnahme-Kassette geschoben. Man muss übrigens keine Angst haben, dass der Film so in die Kassette geschoben wird, dass er ganz verschwindet. Irgendwann erreicht der Schiebemachinsmus den Film nicht mehr, und zwar dann, wenn er noch 3 mm aus der Kassette ragt. Ob man durch Aufbiegen der Metall-Laschen die Kassette öffnen kann, habe ich nicht ausprobiert.

Wer meint, er könne 160 cm Film in eine Kassette schieben und 72 Aufnahmen machen, wird scheitern. Das klappt nicht. Der Agfa-Rapid-Film war 60 cm lang, und ein längeres Filmstück sollte man nicht in eine Kassette schieben wollen. Wenn man mehr als 24 Aufnahmen von den 60 cm 135er Film herausschinden will, braucht man den Film nur in der Dunkelkammer einzulegen. Dann gibt es Bilder vom ersten bis zum letzten Auslösen (29 bis 30 Bilder). Das Ende des Films macht sich bemerkbar durch das Verschwinden des Widerstands beim Filmtransport. Dann wieder ab in die Dunkelkammer und die 60 cm Film in die Entwicklungsdose.

Das Format 18 x 24 mm ist nicht ganz das „Handtuch“-Format vom Kleinbild; hätte das Kleinbild 24 x 32 mm, dann wären es dieselben Seitenverhältnisse. Das Fotografiergefühl ist zunächst etwas seltsam, weil man das Hochformat als Ausgangsformat hat und zum Querformat die Kamera drehen muss. Seltsamerweise habe ich beim ersten Film mit der Penti viel mehr Hoch- als Querformat fotografiert. Vielleicht ist es aber gar nicht seltsam, sondern entspricht der menschlichen Trägheit. Die Penti bevorzugt das Hochformat und der Penti-Fotograf offenbar auch.

Auslösegeräusch und der Umgang mit der Kamera sind sehr angenehm. Die Entfernungseinstellung muss nicht allzu genau sein, weil das 30-mm-Objektiv eine große Tiefenschärfe erzeugt. Die Konstruktion der Kamera finde ich einfach und genial. – Ich empfehle die Fotografie bei Sonnenschein mit kleiner Blende (z. B. 11) und der 125stel Sekunde. So gibt es die schärfsten Fotos und es ist so schön narrensicher.

Es gibt eine Sammlerszene, die hinter Pentis her ist, die statt des schwarzen einen türkisen, cremefarbigen, roten Rahmen haben. Preise um die 40 Euro sind nicht unüblich. Eine rote Original-Sonnenblende, die zur roten Penti passt, kann schon mal 25 Euro kosten. Die Sammlerszene beschäftigt mich nicht sonderlich; mir ist es wichtig, dass die Kamera gut funktioniert, auch wenn sie die häufigste schwarz-goldene Penti ist. – Auch die Original-Vorsatzlinsen werden noch gehandelt: 1 Dioptrie für Aufnahmen zwischen 0,5 und 1 Meter; 2 Dioptrien für 0,33 bis 0,5 Meter. Mein Bedürfnis für Nahaufnahmen mit der Penti ist nicht sehr ausgeprägt.

Blitzen ist bei allen Belichtungszeiten möglich. Wer aber mit einem alten Blitz und Blitzbirnchen Nostalgieblitze abfeuern will (gibt es das?), muss die Dreißigstel nehmen.

Sehen Sie sich die ersten Fotos an, die ich am 27. Januar 2013 mit einer goldfarbenen Penti 1 mit schwarzem Rahmen gemacht habe. Hätte ich von den Fotos behauptet, sie seien mit der teuren Olympus Pen FT gemacht worden, wäre niemand sofort misstrauisch geworden. Mit der Penti sind technisch gute Fotos möglich.

Allerdings ist der Vergleich mit der technischen Qualität von Olympus Pen FT - Fotos etwas ungerecht: Die Penti-Fotos haben dunkle Ecken (Vignettierung) und die Schärfe an den Bildrändern lässt zu wünschen übrig, besonders bei offener Blende. Die Vignettierung fällt kaum auf, wenn man Bilder mit einem Vergrößerungsapparat macht; sie fällt auf, wenn man die Negative scannt. Es geht also schon ein wenig in Richtung Lomo. Ich lasse mir dadurch aber nicht den Spaß verderben.

Penti 1. Aufnahmeformat: 18 x 24 mm („Halbformat“). Dreilinsiges Objektiv Domiplan V 3,5/30 mm, Meyer-Optik Görlitz. Statt des Belichtungsmessers, den die Penti 2 hat, sitzt bei der Penti 1 eine Attrappe. Die DIN-Einstellung von 15 – 24 ist demzufolge ohne Funktion. Filmtransport und Verschluss-Aufzug durch einen Stab, der nach dem Auslösen herausspringt, und der mit der linken Hand wieder hineingedrückt wird. Die Kamera ist wieder aufnahmebereit.
Penti 0. Die runde Penti. Das Fünfzigerjahre-Original. Sie wurde nach dem Entwurf von 1957 gebaut. Der Stab zum Filmtransport und Verschluss-Aufzug (auch „Filmtaste“ genannt) muss wieder in die Kamera gedrückt werden, wenn man fotografieren will. Hergestellt im Kamerawerk Welta, Freital bei Dresden.
Penti 1 und Penti 2.

Auf der Unterseite des Objektivs ist entweder „Penti I“ oder „Penti II“ zu lesen. Beim oberen Objektiv, das zu einer Penti 2 mit Belichtungsmesser gehört, ist die Beschriftung für die DIN-Zahlen abgewetzt; die „21“ sieht man gerade noch. Eingravierte Zahlen wären natürlich haltbarer gewesen als aufgepinselte.

Man kann auch mit nur einer Kassette fotografieren. In der Dunkelkammer den Anfang eines 60 cm langen Filmstreifens des üblichen 135er Kleinbildfilms in die rechte Kassette schieben, den Filmstreifen etwas einrollen und ins linke Fach legen, Deckel zu. Der Film wird durch die Betätigung des Transportstabs nach und nach in die Kassette rechts geschoben. Es ist sogar zu überlegen, ob das nicht die bessere Methode ist, denn beim Befüllen einer Kassette, was gar nicht so einfach ist, können Schmutz, Schweiß und Kratzer auf den Film kommen.
Links eine SL-Kassette aus Kunststoff, rechts eine Rapid-Kassette aus Metall. Sie gleichen sich zwar nicht wie ein Ei dem anderen, sind aber für die Penti austauschbar.

Ich kann nur davon abraten, einen dünnen Film mit einer Polyester-Unterlage in die Kassetten schieben zu wollen, z.B. einen Rollei PAN 25. Das geht sehr schwer und die Kamera schafft es nicht recht, den Film von einer Kassette in die andere zu drücken.

Zwei Rapid-Kassetten in einer Penti. Der Transportmechanismus greift in die obere Perforation ein und schiebt den Film jeweils ein Bild weiter in die rechte Kassette. Da ich selbst entwickle, habe ich das Problem nicht, wie ich einen Filmstreifen zum Entwickeln bringen soll. Die heutigen Kleinbild-Kassetten des 135er Films kann man nicht öffnen ohne sie zu zerstören. Ich würde im Dunklen den Film aus der Kassette ziehen, zwei Zentimeter Film stehen lassen, an die ich dann den belichteten Filmstreifen klebe und wieder in die 135er-Kassette zurückdrehe. Dazu würde ich eine Mitteilung an das Labor schreiben. Keine Garantie, dass das so klappt!
Zum Ablesen der Tiefenschärfe, muss man wissen, was die Markierungen auf dem Objektiv bedeuten, nämlich die Blenden 5,6 – 8 – 11. Siehe Bild! Das steht nirgendwo auf dem Objektiv, man muss es wissen. Bei einer Einstellung auf 3 m (die Raute steht unter der „3“) und Blende 5,6 kann man eine Tiefenschärfe von etwa 2 bis 6 Metern ablesen. (In der Tabelle der Tiefenschärfe für das Objektiv wird vom Hersteller 1,95 m bis 6,61 m angegeben.)
Das Innenleben einer Penti II. Blick in die Penti von vorne.

Wenn man eine Penti kauft, die ein halbes Jahrhundert alt ist, muss man damit rechnen, dass sie nicht richtig funktioniert. Häufigster Fehler: der Verschluss ist verharzt.

> Fotos mit der Penti > Fotoapparate Penti-Werbung 1959 (900 KB) Penti-Anleitung 1,2 MB)
> Startseite