Günter Posch > Politikseite > Ein neuer Papst > Politikseite > Startseite
Endlich ein neuer Papst!

Nach wochenlanger Werbung für den Vatikan, nachdem große Mengen bunter Kardinäle über die Bildschirme gewandert sind, nach der Neuigkeit, dass nun 1,1 Milliarden Katholiken einen neuen Papst haben, der ihnen sagt, was sie denken sollen, habe ich mir zur Erholung Kants kleine Schrift von 1784 "Was ist Aufklärung?" vorgenommen.

Da ist zu lesen, Aufklärung biete den Menschen die Möglichkeit, der selbstverschuldeten Unmündigkeit zu entkommen. Unmündigkeit sei das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ heißt es da. Faulheit und Feigheit seien die Ursachen, warum ein so großer Teil der Menschen zeitlebens gerne unmündig bleibt. Und Kant schreibt: „Es ist so bequem, unmündig zu sein. Habe ich ein Buch, das für mich Verstand hat, einen Seelsorger, der für mich Gewissen hat, einen Arzt, der für mich die Diät beurteilt, so brauche ich mich ja nicht selbst zu bemühen ... Dass der bei weitem größte Teil der Menschen den Schritt zur Mündigkeit ... auch für sehr gefährlich halte, dafür sorgen schon jene Vormünder, die die Oberaufsicht über sie gütigst auf sich genommen haben.“

Es wird doch nicht etwa so sein, dass der Papst diese Oberaufsicht gütigst übernommen hat und dass 1,1 Milliarden Katholiken zu faul und zu feige sind, sich ihr eigenes Urteil zu bilden? Ganz sicher ist es ein ketzerischer Gedanke, dass der liebe Gott dereinst gar nicht so lieb sein wird, um Faulheit und Feigheit gut zu finden, sondern möglicherweise viele sogenannte Gläubige in der Hölle schmoren lässt, während er den Skeptikern winkt und sie zu Kaffeee und Kuchen an seinen Tisch bittet.

Die Glaubenskongregation wäre gar nicht erfreut über diesen Gedanken, deshalb wollen wir ihn ganz schnell wieder vergessen. Und wenn die 1,1 Milliarden Katholiken selber anfangen zu denken und dann genau mit dem Oberhirten übereinstimmen, der ja bekanntlich unfehlbar ist, dann ist alles wieder in bester Ordnung. Da kann man schon mal für einen gebrauchten Ratzinger-Golf 190.000 Euro zahlen..