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Agfa Isoly III

Diese Kamera von 1960 ist für einige Überraschungen gut. Ich muss zunächst erklären, wie ich auf diese seltsame Kamera gekommen bin. Im Ergänzungsband I zum HANDBUCH DER KAMERAKUNDE von Richard Grittner, erschienen 1961 bei Luitpold Lang in München, wird im Kapitel "Box und formverbesserte Box" auf Seite 46 f. die Agfa Isoly III beschrieben. Grittner, den ich sehr schätze und in dessen Büchern ich immer wieder schmökere, hatte mich neugierig gemacht und ich habe 10 Euro für eine solche Kamera (+ Tasche + Sonnenblende + Anleitung + Gelbfilter) ausgegeben. Bei Ebay, wo sonst, eben dort, wo man oft die Katze im Sack kauft, wo der Verkäufer behauptet, "keine Ahnung" zu haben, unscharfe Bilder einstellt, auf denen nichts zu erkennen ist und von "Fodoaberaden" spricht, die er im Keller gefunden hat. (Bei mir im Keller finde ich nie so etwas. Vielleicht sollte ich auf dem Dachboden nachsehen.)

Zunächst einmal den Text aus Grittners Buch:

Also einen Rollfilm 120, den es noch überall gibt, einlegen und auf Fotopirsch gehen. Der Rollfilm wird so lange gedreht, bis im roten Fenster auf der Rückseite die "1" zu sehen ist, und 16 quadratische Bilder (4 x 4 cm) haben auf dem Rollfilm Platz. Wenn man vergessen hat, vor dem Auslösen den Verschluss aufzuziehen und heftig auf den Plastik-Auslöseknopf gedrückt hat, geht nichts mehr, denn die Doppelbelichtungssperre hat sich zugeschaltet (im kleinen runden Fenster unter dem Auslöseknopf sieht man Rot), die Aufnahme kann nicht stattfinden. Die Doppelbelichtungssperre (ich mag sie nicht!) kann nicht (wie bei einer Isolette) überlistet werden, der Film muss weitertransportiert werden, damit das Rot verschwindet. Am besten ist es, ein bestimmtes Vorgehen einzuhalten: Den Film erst vor der Aufnahme transportieren, den Verschluss aufziehen, knips.

Die Doppelbelichtungssperre der Isoly III lässt sich so umgehen wie Grittner es beschreibt. Allerdings braucht man dafür viel Feingefühl; ich fürchte man verreisst dabei die Kamera. Man sollte es lieber lassen. Wer will eigentlich zwei Bilder übereinander schichten?

Nun hat man mit dieser leichtgewichtigen, billig wirkenden Kamera mit vielen Plastikteilen 16 Aufnahmen gemacht und ist neugierig, was dabei herausgekommen ist. Und siehe da, das Wunder ist geschehen: Fehlerlose, messerscharfe Bilder sind entstanden, die man dieser Kamera (mit dem Agnar) nicht zugetraut hätte.

Ich habe mich mit dieser Kamera als Schönwetterknipser betätigt, ich habe keine Testtafeln fotografiert, ich habe das Objektiv nicht bei offener Blende ausprobiert. Ich habe einen Fortepan 100 verwendet (dieser Film wird inzwischen nicht mehr hergestellt), und bei Sonnenschein die kürzeste Verschlusszeit (1/250) und Blende 8 genommen. Und ich möchte wetten, dass mit einer teuren Baby-Rolleiflex, die auf 127er Film 4 x 4 - Bilder macht, keine schärferen, technisch besseren Bilder entstanden wären.

Dass man heute eine Isoly III bekommt, bei der alle Belichtungszeiten funktionieren, ist unwahrscheinlich. Bei einer Kamera, die 60 Jahre alt ist, ist in der Regel der Verschluss verharzt und muss gereinigt werden. So war es auch bei meiner Isoly.

Übrigens: manchmal wird behauptet, die Isoly hätte eine gewölbte Filmführung (wie eine Agfa Clack). Das stimmt nicht: der Film liegt ganz eben auf dem Filmfenster und wird von einer ebenen Andruckplatte plan gehalten. Und es sieht so aus, als wäre eine große Genauigkeit eingehalten worden, sonst kämen diese technisch guten Aufnahmen nicht zuwege.

Klar ist, dass technisch perfekte Aufnahmen keine guten Fotos sein müssen. Aber mich freut es, wenn mit einer Kamera messerscharfe Fotos überhaupt möglich sind – und mit der Isoly III sind sie möglich.

Und diese Isoly III war tatsächlich die Katze im Sack, glücklicherweise in einem schönen äußeren Zustand und nicht nach Keller riechend. Sie war aber nicht mit dem Apotar bestückt, sondern mit dem Agnar. Eine Enttäuschung. Ich hatte nicht gewusst, dass es diese Kamera auch mit dem Agnar gibt. Wie jeder weiß, der sich einmal mit den Agfa-Objektiven befasst hat, ist das Agnar das billigste Objektiv, das Agfa hergestellt hat. Und dieses Agnar hat nicht den Ruf, die beste Linse zu sein. Angeblich ist das Apotar um eine Klasse besser, obwohl es auch nur ein Dreilinser ist. Die Experten sind sich nicht einig, worin eigentlich der Unterschied zwischen einem Agnar und einem Apotar besteht: Hat das Apotar Gläser mit seltenen Erden? Ist ein Apotar nichts anderes als ein sorgfältig geprüftes Agnar? Beruht das Apotar auf einer anderen Berechnung? Ist es besser korrigiert? Gewusst haben es die wahren Experten, nämlich die Linsenhersteller bei Agfa. Leider kenne ich keinen von denen, so dass ich unwissend bleibe. Aber irgendeinen Grund für den Preisunterschied muss es ja gegeben haben!

Ich habe die neu erworbene Kamera mit einer gewissen Skepsis betrachtet. Ein wenig hoffnungsfroh stimmte mich, dass die Linse nicht bloß "Agnar", sondern "Color Agnar" heißt. (Wer kennt den Unterschied zwischen "Agnar" und "Color Agnar"?)

Grittners Bücher sind natürlich nur antiquarisch erhältlich. Einen Ergänzungsband II zum Handbuch der Kamerakunde gibt es nicht; er war wohl geplant, ist aber nie erschienen.

Richard Grittner: Handbuch der Kamerakunde. München 1954

Richard Grittner: Handbuch der Kamerakunde. 2. Aufl. München 1958

Richard Grittner: Handbuch der Kamerakunde. Ergänzungsband I. München 1961

Richard Grittner: Der Schmalfilmer und sein Gerät. München 1960

Anleitung zur Isoly III, 1 MB, brauchbare Qualität
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