Günter Posch > Fotoapparate > Radix > Fotoapparate > Startseite
> Fotos mit der Radix
RADIX 35 B

Eine einfache, billige, kleine, schwere, genial ausgetüftelte Kamera für das Format 24 x 24 mm. Wenn man heute mit diesem Gerät fotografieren will, braucht man Karat-, Rapid- oder SL-Kassetten, die man mit 135er Kleinbildfilm befüllen muss. Zu diesen Kassetten habe ich mich ausführlich in meiner Beschreibung der Penti geäußert. Bitte lesen Sie dort nach!

Wieso man auf den Namen „Radix“ kam, ist mir ein Rätsel. Ich habe einmal Latein gelernt und weiß, dass „radix“ „Wurzel“ heißt. Das Radieschen hat seinen Namen von „radix“. Die Kamera sieht allerdings weder wie eine Wurzel noch wie ein Radieschen aus. Das Rätsel kann ich nicht lösen, und was man sich im Internet dazu zusammenstochern kann, gibt keinen Aufschluss. Anscheinend sind im Jahr 1970 alle Unterlagen der Firma Kürbi & Niggeloh (Bilora) in Radevormwald verbrannt, so dass auch ein eifriger Forscher der Geschichte dieser Kamera mit leeren Händen dasteht. Ich weiß also nicht, wer auf den Namen „Radix“ kam, wer die Kamera entwickelt hat und alles andere weiß ich auch nicht. „Radix“ kann im übertragenen Sinn auch „Anfang“ heißen. Vielleicht sollte die Radix der Anfang einer Reihe von Kleinbildkameras sein, denn die Firma hatte bis dahin nur Boxen und Stative gebaut.

Schlaue Leute im Internet berichten, alle Kameras namens „Radix“ seien mit Objektiven von Schneider-Kreuznach ausgerüstet worden, und zwar mit dreislinsigen Radionaren. In Willi Kerkmanns Buch: Deutsche Kameras 1945 - 1999, 3. Auflage, ist auf Seite 171 Werbung für die Radix abgedruckt. Da gibt es die Radix 35 B für 64,-- DM mit einem Biloxar 3,5/40; und es gibt (bei sonst gleicher Ausstattung) die Radix 35 S mit einem Schneider-Radionar für 78,-- DM. Das gleiche Objektiv kann es ja nicht gewesen sein; wie käme sonst der Preisunterschied zustande? Oder war es doch das gleiche Objektiv und der Name „Schneider“ musste mit 14 DM bezahlt werden?

„Radix 35“ bedeutet: die Kamera hat ein Objektiv mit der Lichstärke 1: 3,5. Eine „Radix 56“ ist mit einem Objektiv mit der Lichtstärke 1: 5,6 bestückt. Der Buchstabe „B“ in „Radix 35 B“ bedeutet wohl „Biloxar“.

Nun aber zur Radix, die ich in Händen halte, und die offenbar eine Radix 35 B ist. Es hat mich gejuckt, diese Kamera für wenig Geld zu kaufen und auszuprobieren. Sie hat für mich einige angenehme Überraschungen bereitgehalten. Eine kleine, schwere Metallkamera, die 450 Gramm auf die Waage bringt, einfach und, wie es scheint, unverwüstlich, Baujahr 1950. Sie hat auf Anhieb funktioniert: Linsen putzen, Rostflecken entfernen, Film einlegen, abdrücken.

Zunächst habe ich gerätselt, wie man die Kamera aufmacht. Es geht recht einfach: Die runde Scheibe mit den silbernen Knöpfen nach links drehen. Jetzt ist die Rückwandverriegelung offen. Aber noch ist kein Rückdeckel aufgesprungen, es hat sich eigentlich gar nichts getan. Der Rückdeckel muss nun mit Kraft abgezogen und weggenommen werden. Ich habe die linke Seite des Rückdeckels angehoben. Es sollte auch funktionieren, wenn man die rechte Seite anhebt. Der Deckel sitzt in Rillen, die alles lichtdicht abschließen. Die Aufgabe, einen sicheren, leicht bedienbaren Rückdeckel zu bauen, ist hervorragend gelöst. Jeder, der schon einmal versucht hat, eine 24 x 24 mm - Zeiss Ikon Tenax oder ihre VEB- Nachfolgerin Taxona auf- und wieder zuzumachen, weiß, was das für ein Gefummel sein kann. Bei der Radix freut man sich über die einfache Lösung. Wenn man den Rückdeckel wieder einsetzt, rastet er schön krachend und beruhigend ein.

Bitte sehen Sie sich die Bilder mit der geöffneten Radix an. Links oben am Gehäuse ein Zubehörschuh, den man allerdings vergessen kann. Einen Blitz sollte man nicht aufstecken: das gibt einen Kurzschluss. Einen Entfernungsmesser braucht man nicht, denn eine geschätzte Entfernung reicht für ein scharfes Bild.

Links und rechts werden die Filmkassetten eingelegt. Die gefüllte Kassette links, die leere rechts. Der Film wird von der linken in die rechte Kassette geschoben, und zwar machen das die beiden Zahnräder, die in die Perforation des Films eingreifen. Das funktioniert einwandfrei. Die Bildabstände am Negativ sind stets genau gleich. Wenn man sieht, welche Probleme die meisten Taxonas mit dem Filmtransport haben, genießt man den einfachen und wirkungsvollen Filmtransport bei der Radix. Der Filmtransport und Verschlussaufzug wird mit dem Hebel getätigt, der oben im Schlitz von links nach rechts geführt wird.

Ich befülle die Filmkassetten in der Dunkelkammer mit einem Filmstreifen (Meterware) von 60 cm Länge und lege die Kassetten bei absoluter Dunkelheit in die Kamera. So lassen sich statt der vorgesehenen 16 Aufnahmen gut 21 Aufnahmen machen.

Nun noch einige Bemerkungen zur Technik. Auf der Vorderseite der Kamera ist unten in der MItte ein Schieber. Wenn man rechts vom Schieber das „M“ sieht, ist die Momentzeit eingestellt. Tatsächlich ist nur eine einzige Blichtungszeit für Momentaufnahmen verfügbar, und das ist angeblich die 60stel Sekunde. Wenn man den Schieber nach rechts stellt, sieht man links vom Schieber ein „T“: jetzt bleibt beim Auslösen der Verschluss offen für Zeitaufnahmen.

Die Kamera von oben gesehen. Rechts der Schiebeauslöser. Er lässt sich nur betätigen, wenn die Kamera zuvor aufgezogen wurde. Und wieder ein Wunder der Technik: Diesen Auslöser drückt man nicht, sondern man schiebt ihn sachte und weich von links nach rechts, so dass nicht das geringste Wackeln entsteht. Die 60stel Sekunde, die bei anderen Kameras ein Wackelkandidat ist, wird hier eine sichere Sache. Ich habe kein einziges Bild verwackelt. Alles messerscharf. Einen solchen Auslöser habe ich tatsächlich noch nie gesehen. Wozu einen elektronischen Sensor-Auslöser, wenn es mechanisch so wunderbar funktioniert?!

Die Kamera besitzt einen Nippel zum Anschluss von Blitzgeräten und einen Drahtauslöser-Anschluss. Funktioniert alles.

Auf dem Bild rechts steht der Bildzähler unter dem Schriftzug „Bilora“ auf „A“ , nach 2 Leeraufnahmen steht er auf „1“, und dann wird bis „16“ durchgezählt. Aber man kann, wie gesagt, 21 Aufnahmen machen, wenn man den Film im Dunkeln einlegt und statt der Leeraufnahmen hat man dann Vollaufnahmen.

Die Entfernungseinstellung geht von 1,5 m bis unendlich. Es reicht eine grobe Entfernungseinstellung, um scharfe Bilder zu bekommen.

Ich habe einen 50-ISO-Film benutzt (Ilford PanF), bei Sonnenschein fotografiert und Blende 16 eingestellt. Bei höherempfindlichen Filmen gibt es Probleme und man müsste bei viel Licht z. B. ein dunkles Gelbfilter (sofern man einen SW-Film benutzt) oder ein Graufilter vor die Linse setzen. - Mein Biloxar hat (ob Schneider-Kreuznach oder nicht) Bilder erzeugt, an denen es, was die technische Seite angeht, nichts zu meckern gibt.

Es war ein Vergnügen, die Kamera in der Hand zu halten. Und es hat richtig Freude gemacht, damit zu fotografieren. Sehen Sie sich die Fotos an, die ich mit der Radix gemacht habe.

Radix 35 B. Aufnahmeformat: 24 x 24 mm („Quadratisches Kleinbildformat“). Dreilinsiges Objektiv Biloxar 3,5/38 mm, vermutlich ein Radionar von Schneider-Kreuznach. Bemerkenswert ist der Schnellaufzug: für die damalige Zeit ein echter Fortschritt.
Die Kamera ist so klein, dass sie leicht in eine Hand passt. Abmessungen: 11,5 x 6,5 cm, Tiefe: 3 cm. Das Objektiv ragt 2,5 cm aus dem Kamerakörper. Man hat das Gefühl, ein gewichtiges, wertvolles Stück in der Hand zu halten.
> Fotos mit der Radix > Fotoapparate
> Startseite